Orkan 13.11.1972 | von Thomas Sävert |
Waldschäden bei Delmenhorst (Realschule Holbeinstraße) | Niedersachsen-Orkan 1972: Am 13. Novemer 1972 zog einer der schlimmsten Orkane des 20. Jahrhunderts über Mitteleuropa hinweg. Die Zugbahn führte das Orkantief damals über die Elbmündung und Hamburg hinweg nach Osten und das Hauptsturmfeld reichte von Niedersachsen über Sachsen-Anhalt bis nach Brandenburg und Berlin. Wegen der schlimmen Schäden und vielen Toten in Niedersachsen ging das Ereignis auch als "Niedersachsen-Orkan" in die Wettergeschichte ein. Mit einem solchen Orkan und den schlimmen Folgen hatte damals kaum jemand gerechnet. Das sieht heutzutage schon anders aus. Vor dem Orkan am 27. Oktober 2002 wurde schon Tage zuvor in den Medien gewarnt, dennoch kamen zahlreiche Menschen ums Leben. Und es gibt umfassende Diskussionen über nicht ausreichende oder falsche Warnungen in den vergangenen Monaten und Jahren. |
Beschreibung des Geschehens: Vor allem Niedersachen und Teile der damaligen DDR traf wurden schwer getroffen, als das Orkantief "Quimburga" nach Mitteleuropa zog. Verbreitet erreichten die Orkanböen auch im Flachland 120 bis 155 km/h, in Celle-Wietzenbruch lief das Gerät zweimal bis zum Anschlag bei 167 km/h und verharrte dort jeweils für 3 bis 4 Sekunden. Der Brocken im Oberharz lag zwar schon knapp südlich des Hauptsturmfeldes, dennoch wurde hier eine Spitzenböe von fast 245 km/h registriert! Im brandenburgischen Doberlug-Kirchhain waren es noch 175, in Berlin mehr als 130 km/h. Die Schäden waren enorm. Neben erheblichen Gebäudeschäden wurden in Niedersachsen etwa 10 Prozent des gesamten Waldbestandes zerstört. Mit 15,9 Millionen Kubikmeter fiel allein hier an einem einzigen Tag mehr als das fünffache des üblichen, jährlichen Holzeinschlags. Im damaligen West-Berlin wurden 58 Menschen durch den Orkan verletzt, im Ostteil der Stadt waren sogar 5 Tote und 434 Verletzte zu beklagen. Insgesamt kamen europaweit durch den Orkan mehr als 50 Menschen ums Leben. |
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Quelle: Wetterzentrale |
Mehr zur Wetterlage am 13. November 1972: Die Karten zeigen die Entwicklung der Wetterlage im November 1972, als am Rande eines Zentraltiefs bei Island ein Orkantief unter rascher Verstärkung über Mitteleuropa hinwegzog und hier erhebliche Schäden anrichtete. Die Wetterlage im November 1972 war hochbrisant. Denn es baute sich auf dem Atlantik um den 10./11. November ein so genanntes "Viererdruckfeld" auf: Zwei Hochs lagen über Labrador, Kanada, und südlich der Azoren. Nördlich von Schottland befand sich ein Orkantief mit einem Kerndruck unter 960 Hektopascal. Ein weiteres Tief südlich von Neufundland vervollständigte das Viererdruckfeld, das für sehr starke Tiefentwicklungen bekannt ist. Aus dieser Lage heraus spaltete sich aus dem Tief vor Neufundland im Laufe des 11. Novembers ein Randtief ab, das mit der herrschenden, starken Höhenströmung sehr rasch nach Osten vorankam. Die Karte mit den Temperaturen in rund 1.500 Meter Höhe vom 12. ließ schlimmes erahnen: Gewaltige Temperaturgegensätze herrschten zwischen rund 10 Grad warmer Luft auf der Südseite des Tiefs und Temperaturen bis minus 25 Grad über Grönland. Das noch kleine Tief bekam von der FU Berlin den Namen "Quimburga". Durch die enormen Temperaturgegensätze konnte sich das Tief auf seinem Weg nach Osten sehr stark vertiefen und bereits in der Nacht zum 13. richtete es als Sturmwirbel mit einem Kerndruck unter 975 Hektopascal in England erhebliche Schäden an. "Quimburga" zog dann rasch über die Elbmündung hinweg, dann knapp nördlich an Hamburg vorbei und weiter nach Mecklenburg-Vorpommern, wo es wegen der Nähe zum Zentrum nur geringere Schäden gab. Beim Durchzug des Tiefs sank der Luftdruck in Brunsbüttel innerhalb von nur 10 Stunden von 995 auf 955,5 Hektopascal. Danach zog das Tief unter Abschwächung weiter ostwärts und der Wind ließ bereits am Abend des 13. November wieder deutlich nach. Berliner Wetterkarte, 13.11.1972, 13 Uhr MEZ Zum Vergrößern bitte anklicken (ca. 250 KB) Dazu der Originaltext der Berliner Wetterkarte vom 13.11.72: "ÜBERSICHT: Im Bereich des Tiefdruckgebiets "Q", das gestern morgen im Seegebiet westlich von Irland lag, herrschte ein ausgeprägtes "Vierer-Druckfeld" mit einem kalten Hochdruckgebiet im Norden und einer warmen Antizyklone im Süden. Von Grönland her wurde arktische Polarluft nach Süden und von den Azoren Subtropikluft nach Norden geführt. Daher verschärfte sich die Frontalzone über Westeuropa erheblich, und das Tiefdruckgebiet "Q" vertiefte sich bei seinem Weg nach Osten über den Britischen Inseln und der Nordsee zu einem Orkanwirbel. Heute vormittag wies dieser Wirbel ein mehr als 1.000 Kilometer ausgedehntes Sturmfeld auf, wobei in einem Bereich von mehr als 300 km voller Orkan, in weiten Bereichen in Böen Orkanstärke erreicht wurde. Besonders die Ausdehnung dieses Starkwindfeldes, das sich mittags von Südwestdeutschland bis zur mittleren Ostsee erstreckte, wird in Mitteleuropa nur selten beobachtet. Auch in Berlin wurde mittags in Böen voller Orkan registriert, wobei bis 14 Uhr in Dahlen 71, in Tegel sogar 78 Knoten, das sind nahezu 150 Kilometer pro Stunde, festgestellt wurden. Solche Windspitzen sind bisher in Berlin noch nicht registriert worden." |